Bergtourenparadies Ahrntal

(Bericht für "SchwabenAlpin", die Mitteilungen der DAV Sektion Schwaben)

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Eigentlich hätten unsere Tage im Ahrntal nur „Aufwärmprogramm“ für Klettersteige in den Dolomiten sein sollen, Aber dann wurde eine ganze Woche daraus…

Zugegeben, das Ahrntal ist aus dem Stuttgarter Raum nicht ganz rasch zu erreichen. Wer am Anfahrtstag noch etwas unternehmen will, dem sei im Brennerbereich eine kleine Tour empfohlen. Über Sterzing und das Pustertal erreicht man dann Bruneck, den Beginn des Tauferer-Ahrntals. Tauferer Tal heißt das Tal bis hinter den Hauptort Sand in Taufers, dahinter wechselt das Tal seinen Namen und verläuft nach einem „Knick“ bei Luttach schnurgerade zwischen des Zillertaler Hauptkamms nordwestlich und der Venedigergruppe südöstlich. Unser Quartier in St. Jakob etwa in der Mitte ist strategisch gewählt um zu den einzelnen Touren in beide Richtungen nicht zu viel Anfahrt zu haben.

Ahrntal_Karte

Saumweg(1)     Am Ende des Ahrntals, dort wo die (italienische) Welt zu Ende ist, befindet sich die Gemeinde Prettau mit Kasern als letztem Weiler und einem großen Wanderparkplatz, der vor acht Uhr morgens noch keine Gebühr kostet!

Unsere erste Tour führt auf historischen Boden – über den uralten Saumweg auf den Krimmler Tauern (Tauern heißen in der Gegend die Übergänge). Nach einem Abstecher zum Pass passieren wir die alte Neugersdorfer Hütte, einst erbaut von einer Ostsächsischen Vereinsektion. Wie alle Alpenvereinshütten in Südtirol wurde sie nach dem ersten Weltkrieg enteignet. Das Haus wird noch immer von der italienischen Finanzwache genützt – hoffentlich wird es auch wieder einmal eine richtige Berghütte! Die Sachsen waren vor hundert Jahren sehr aktiv und bauten den Lausitzer Höhenweg, über dessen gelegte Steinplatten wir gegenüber den Dreitausendern der Venedigergruppe um Dreiherren- und Rötspitze promenieren. Schweiß kostet nochmals der markierte Abstecher auf den Klockerkarkopf, der als nördlichster Punkt Italiens und durch die Umbenennung italienischer Nationalisten in "Vetta d'Italia" gewisse Bekanntheit gewonnen hat. Die alte "Lausitzer Hütte" dort oben ist nur noch eine Ruine. Ein Cappuccino vor der Birnlückenhütte und der Abstieg zur Wallfahrtskapelle Heilig Geist schließt die erste ausgedehnte Wanderrunde.


Kofler See(2)     Die nächste Tour führt uns in das Seitental von Rain, malerisch unter dem Hochgall gelegen. Die schönere Aussicht auf die Gletscher der Rieserferner-Gruppe gibt es aber von weiter oben, am Kofler See – dem Postkartenmotiv der Ahrntal-Region. Mühsamer wird es oberhalb – die Aussicht von der Dreieckspitze bis zum Großglockner will über viel loses Geröll verdient werden. Für den Abstieg wählen wir die weglose Route durch das Bärenluegtal bis uns der Artur-Hartdegen-Weg wieder zurück nach Rain geleitet.


Mäanderbach(3)   Solcherart warmgelaufen wagen wir uns anderntags an den höchsten Wanderberg – den Rauchkofel.  Den Taxi-Service von Prettau zur Waldner Alm haben sie schon vor Jahren eingestellt. Weitläufiges Almgelände bringt uns zum Waldner See, einem wahren Kleinod. Vielleicht wäre es die bessere Wahl, hier den Tag zu verbummeln und nur noch hinüber zu wandern zur Machsteinboden, einem Kinderspiel-Paradies an blubbernden Bachmäandern. Der Abstecher auf den Rauchkofel hingegen ist im oberen Bereich ein echter Schinder, der Durchhaltevermögen in Block- und Schutthalden verlangt.


Dolomitenblau(4)     Da haben wir uns für den nächsten Tag eine Liftfahrt verdient. Die Kabinenbahn zum Speikboden macht eine Tagestour auf dem Kellerbauerweg überhaupt erst möglich. Hier bummeln wir auf dem Kamm zwischen dem Mühlwalder und dem Weißenbachtal. Die Blicke schweifen über die Zillertaler Gletscherberge auf der rechten und den Dolomiten auf der linken Seite. Man sollte sich am Beginn nicht zu lange beim Heidelbeeren-Sammeln aufhalten: die Strecke ist nicht kurz, eine Einkehr bildet erst die Neveserjochhütte und nach dem Abstieg nach Weißenbach sind wir - nachdem der letzte Bus bereits weg ist - auf Autostop angewiesen um wieder ins Haupttal zu kommen.


Ahornachhof(5)     Haben Sie schon einmal einen Vortrag von Extrembergsteiger Hans Kammerlander gesehen oder ein Buch von ihm gelesen? Immer findet der Große Moosstock Erwähnung, sein "Hausberg" über dem Weiler Ahornach, oberhalb Sand in Taufers auf einer sonnigen Terrasse gelegen. Von dort sind es 1500 Höhenmeter durch Wald, Wiesen, Geröll und einen kurzen Grat – nicht schwierig und bei Fans des Achttausendermanns entsprechend beliebt, wovon man sich im Gipfelbuch überzeugen kann. Für den Abstieg wählen wir den Südgrat, der auch nur unschwierige Kraxelei verlangt und wider Erwarten einige Markierungen trägt. Dafür müssen wir zurück den Berg halb umrunden und verbinden dies noch mit einem Abstecher zum Hof "Kofler zwischen den Wänden" einem einsamst gelegenen Bauernhof.

Bergbauruine(6)     In die Dolomiten zieht es uns längst nicht mehr: der Altweibersommer hält an, also unternehmen wir einen Wander-Klassiker: Die Lenkjöchlhütte (2590 m) ist ideal gelegen, wo sich zwei Seitentäler des Ahrntals, das Wind- und das Röttal, treffen. Aufstieg durch das erstere, Abstieg durch das letztere und dazwischen eine Jause in der Hütte ergeben eine ideale Kombination. Für uns wird aus der Jause wieder ein Nachmittagskaffee, denn davor nehmen wir mit dem Ahrner Kopf (3051 m) noch den Hütten-Dreitausender mit. Wir erreichen ihn über das Vordere Umbaltörl, dem Übergang ins Osttiroler Virgental, einem weiteren Bergtouren-Paradies. Wer künftig auf den Gipfel steigt, wird anstelle einer Baustelle ein schönes Gipfelkreuz vorfinden! Beim Abstieg durchs Röttal kann man an Schautafeln vieles über die Geschichte des Kupferbergbaus hier lernen. Aus alten Stollenlöchern dringt eiskalter Hauch und dazu erfährt man, dass hier erstmals Schwarzpulver im Bergbau verwendet wurde. Sicher nicht ohne Opfer…

Sollte einmal ein Regentag sein, kann man die Eindrücke im Südtiroler Bergbaumuseum in Steinhaus vertiefen. Oder man besucht in Prettau eine Klöppelvorführung. Filigrane Handarbeiten würde man im hintersten Bergbauerntal nicht vermuten, aber seitdem das Klöppeln als Nebenerwerb im 19. Jahrhundert den aufgelassenen Bergbau ergänzte, machen die Arbeiten aus Prettau den Brüsseler Spitzen Konkurrenz.


Stanzschild(7)     Ein Schlechtwetterprogramm ist uns aber auch für unseren letzten Tag nicht "vergönnt". Hierzu fahren wir etwas weiter durch das Mühlwalder Tal bis hinauf zum Neves-Stausee. Die Neveserjoch-Hütte, welche wir nach einer guten Stunde erreichen, kennen wir schon von der anderen Seite, nicht aber den Neveser Höhenweg, der auf halber Höhe den Zillertaler Hauptkamm schneidet und unter den Gletscherbergen Turnerkamp, Möseler und Weißzint hinüber leitet zur Eisbruggjoch-Hütte. Unentwegte wie wir können mit der Napfspitze darüber noch einen schönen Aussichtsgipfel gewinnen, bevor es nun von der anderen Seite wieder zum Stausee hinunter geht.

Viele Bergtouren wären noch möglich, genug für mehrere Urlaube. Das nächste Mal kommen wir aber an Ostern – das hinterste Ahrntal ab Kasern ist auch ein Skitouren-Paradies! Doch davon ein andermal…


Info:

Beste Karten: Tabacco Wanderkarten 1:25000 Nr. 035 "Ahrntal-Rieserfernergruppe" und 036 "Sand in Taufers"

Literatur:

  • Sepp Schnürer, Bersteigen in Südtirol Band 1, BLV München 1983, vergriffen
  • Eugen E. Hüsler, Rother Wanderführer Tauferer Tal und Ahrntal mit Pfunderer Bergen, Bergverlag Rother 2000

Quartiere gibt es im Ahrntal in allen Kategorien, erfreulich sind die hier noch moderaten Preise


Links:

Bericht über das Tauferer Ahrntal im DAV Panorama Heft 3/2005:

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